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03 | 2016
TierarztMagazin
Glosse
M
Jack Russell sind zäh!
Mit Hunden erlebt man viele lustige Geschich-
ten, Kuriositäten und Spannendes. Es gibt aber
auch Tage im Leben eines Hundehalters, die
nicht so einfach sind. Dann zum Beispiel, wenn
man Abschied nehmen muss.
it seinen mittlerweile über 16 Jahren gehört Pico
schon zum älteren Eisen. Ein Fakt, der sich im
Umgang schon oft bemerkbar gemacht hat, weil man nie
weiß, hört er nicht mehr gut oder will er nicht hören? – Ich
vermute eine Kombination aus beidem.
Worüber man sich als Tierbesitzer in diesem Zusam-
menhang jedoch möglichst wenig Gedanken macht, oder
machen möchte, ist dass mit dem Alter irgendwann auch
einmal das Ende naht. Bis jetzt, denn manchmal wird man
einfach gezwungen sich mit dem Thema Tod auseinan-
derzusetzen. Dabei habe ich mir am Anfang noch nicht
viel dabei gedacht als ich gemerkt habe, dass Pico morgens
nicht so gut drauf war. Er war schon als junger Hund
empfindlich mit dem Magen vor allem wenn er mal wieder
irgendwelchen Mist im Stall gefunden hat.
Diesmal jedoch war es etwas anders, denn während
es morgens eigentlich garnicht so schlimm anfing
machte ich mir abends ernsthafte Sorgen.
Es war Samstagabend zehn Uhr als ich den Hörer in die Hand
nahm und die nächste Tierklinik darüber verständigte, dass ich
jetzt kommen würde. Mir war klar, dass sie ihn da behalten
würden. Er musste an denTropf. Trotzdem fiel es mir schwer
ihn dort zu lassen. Gleichzeitig war ich erleichtert, dass ich die
Verantwortung abgeben konnte. Die Tierärzte wissen schließ-
lich besser was zu tun ist als ich und haben auch ganz andere
Möglichkeiten. Es war eine komische Mischung von Gefühlen.
Zu diesem Zeitpunkt dachte ich allerdings noch, dass mein
Hund einfach eine schwere Magenverstimmung hat. Kurze
Zeit später jedoch stellte sich heraus, dass Picos Nieren einfach
nicht mehr in Ordnung sind. Man konnte ihn über mehrere
Tage mit Infusion aufbauen. Trotzdem nahm er unglaublich
ab und als ich ihn nach Hause holte bereitete man mich dar-
auf vor, dass ich mich in den kommenden Wochen wohl von
ihm verabschieden werde müssen. Ich schaute meinen Hund
an, dessen Augen noch nach Leben lechzten, aber dessen
Körper nur noch Haut und Knochen war.
Sechzehn Jahre gehen wir schon gemeinsam durch
dick und dünn. Vermutlich kennt mich niemand
so gut wie er, denn egal was war, er war stets an
meiner Seite.
Sollte das wirklich das Ende einer Ära sein? Zu Hause
angekommen wollte ich die Zeit noch einmal mit ihm
genießen. Aber wenn man ganz ehrlich ist, dann war das
garnicht so einfach. Pico war schwach und die schlech-
ten Nierenwerte sorgten für eine beständige Übelkeit. Er
wollte zwar nicht alleine sein, suchte aber auch körperlich
Abstand. Und irgendwie war man nie sicher, ob er nicht
gleich umkippen würde und man traute sich kaum ihn
alleine zu lassen. Eine Situation, die an den Nerven zerrte.
War es richtig was ich hier tat? Sollte und wollte er
noch leben?
Und über allem schwebte die Frage: Was kann ich für ihn tun?
Aber wenn ich ihn anschaute, dann fühlte ich, dass er noch
bei mir sein wollte und kämpfte. Trotzdem saugte das Gefühl
der Hilflosigkeit die Energie aus meinem Körper.Ein paar Tage
dauerte es, bis die Medikamente scheinbar Wirkung zeigten.
Die Übelkeit wich und der Appetit kam vorsichtig wieder. Ja,
dieser Hund wollte leben und er kämpfte wie es sich für einen
Terrier gehörte. Es dauerte eine Weile, aber irgendwann war
der Hunger wieder riesig und in dem Fall durfte er ihm voll
und ganz nachgeben. Habe ich früher dreimal täglich gefüt-
tert, so können es auch heute noch durchaus sechs Portionen
sein. Natürlich mit einem entsprechenden Nierenfutter, denn
die sollten von nun an möglichst geschont werden.
Es ging bergauf! Dass er allerdings nochmal zu neuem Le-
ben erblüht verblüffte dennoch sogar die Tierärzte. Die Medi-
kamente haben wir langsam abgesetzt. Das verlorene Gewicht
hat er aufgeholt und mit ihm kam auch die Energie zurück.
Ganz langsam, Stück für Stück haben wir ihn aufgebaut und
heute läuft er auch die Spaziergänge wieder mit.
Natürlich müssen wir ein wenig Rücksicht nehmen
und ihn gut beobachten. Eine spezielle Nierendiät wird er
für den Rest seiner Tage halten müssen und klar ist, dass
geschädigtes Nierengewebe nicht heilt. Aber wir versuchen
das Beste draus zu machen und genießen, dass wir einfach
noch ein wenig oder vielleicht auch ein wenig mehr Zeit
zusammen verbringen können.
n
Unsere Chef-Redaktuerin Yvonne Labs erzählt aus dem Leben
mit Ihrem Jack-Russell-Terrier Piccolo