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TierarztMagazin

03 | 2016

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Gesundheit

Kurt Fischer, Jahrgang 1955, führt

seit 25 Jahren eine Kleintierpraxis

in Heidelberg. Dabei interessiert er

sich insbesondere für die Geriatrie,

chronische Krankheiten und die

Kombination von Schulmedizin mit

Naturheilverfahren.

www.tierarztpraxis-fischer.de Blog:www.meinhundbleibtgesund.de

Kurt Fischer

Entstehung von physischen Erkrankungen begünstigen,

ebenso wie eine längere körperliche Krankheit in der Folge

häufig zu einer psychischen Belastung führt.

Außerdem sollten wir nicht vergessen, dass unsere Hun-

de über Jahrtausende gelernt haben, sich an uns Menschen

anzupassen. Dabei haben sie auch gelernt, vieles zu kom-

pensieren ohne es nach außen zu zeigen.

Das heißt aber nicht zwangsläufig, dass es ihnen gut geht.

Sie können durchaus unter großem Stress stehen, ohne dass

es bei oberflächlicher Betrachtung auffällt.

Wir sollten also in Zukunft genauer darauf achten,

ob unsere Lieblinge womöglich Symptome von psy-

chischem Unwohlsein zeigen, die uns bisher entgan-

gen sind.

Sollten wir solche Anzeichen feststellen, müssen wir

möglichst die Ursache herausfinden und diese abstellen. In

gravierenden Fällen oder wo dies nicht gelingt, ist es auch

bei psychischen Störungen angebracht, qualifizierte fach-

männische Hilfe einzuholen. Z. B. bei Tierärzten aber auch

anderen Personen, die über eine qualifizierte Ausbildung und

ausreichende Erfahrung verfügen. In der Tiermedizin gibt es

inzwischen sogar Fachtierärzte für Verhaltensmedizin.

Ein geschulter Fachmann kann die Hintergründe und

Ursachen für eine psychische Störung oft auch da erken-

nen und behandeln, wo es für uns selbst nicht möglich ist.

Diese Ursache zu finden und abzustellen muss immer das

vorrangige Ziel einer Behandlung sein.

Im Anschluß kann ein Verhaltenstraining mit dem

Tier und auch mit dem Tierbesitzer nötig oder sinn-

voll sein.

Sollte keine Ursache gefunden werden oder diese Maß-

nahmen zu keinem Erfolg führen, gibt es inzwischen eine

Vielzahl an „Medikamenten“ sowohl auf dem Gebiet der

Schulmedizin als auch der Komplementärmedizin, die

sich in vielen Fällen als wirksam erwiesen haben. Für die

Schulmedizin sind besonders die Pheromone zu nennen,

die v.a. bei Unruhe oder Angstzuständen eingesetzt werden.

Früher wurden sie versprüht oder vernebelt, inzwischen

sind sie auch als Tabletten erhältlich.

Es handelt sich hierbei um tierartspezifische Boten-

stoffe, die eine entspannende und (psychisch, nicht

körperlich) beruhigende Wirkung haben.

Im Bereich der Komplementärmedizin bieten besonders

die Bachblüten, aber auch homöopathische Mittel oder

Schüssler Salze sehr gute Therapiemöglichkeiten. Allerdings

sollten alle diese Mittel nicht dazu dienen, schlechte Hal-

tungsbedingungen zu überdecken. Sie können aber sowohl

begleitend als auch prophylaktisch in vielen belastenden

Situationen eingesetzt werden. Ebenso wie es heute medi-

zinischer Standard ist, nach vielen Operationen automa-

tisch Schmerzmittel einzusetzen könnten z. B. Tieren, die

ins Tierheim kommen oder von dort vermittelt werden,

ebenso wie bei Hunden aus dem Tierschutz beispielsweise

Bachblüten zur besseren Eingewöhnung gegeben werden.

Ebenso bei Trauer durch Verlust eines geliebten Menschen

oder Artgenossen.

Und niemals sollten wir unsere eigene Ausstrahlung

auf die Psyche unserer Lieblinge unterschätzen. Je

ruhiger und ausgeglichener wir sind und agieren,

desto mehr Ruhe strahlen wir auf diese aus.

Fazit:

Beileibe nicht alle unsere Hunde und Katzen leiden unter

psychischen Störungen. Und nicht jede kleine Auffälligkeit

ist behandlungsbedürftig. Allerdings sollten wir auch dem

seelischen Wohlbefinden unserer Tiere die gebührende

Aufmerksamkeit schenken.

Auch wenn es ihnen nicht schlecht geht: schon das

Bemühen um ein besseres Verständnis für die Auswirkun-

gen manch unserer Verhaltensweisen auf unsere Vierbeiner

wird ihnen das Zusammenleben mit uns noch schöner

machen. Denken sie nur daran, wie laut sich ein unbedach-

tes Zuschlagen einer Autotür für die empfindlichen Ohren

unseres Hundes anhört oder wie sich ein plötzlicher Ruck

an der Leine an seinem Hals anfühlt. Und es ist sicher eine

gute Idee unser Zusammenleben einmal aus der Perspekti-

ve unserer Katzen und Hunde zu betrachten (und vielleicht

auch mal aus der Sicht unseres Partners). Ich bin sicher,

daraus könnten sich sehr interessante neue Erkenntnisse

und Anregungen ergeben.   

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